Ohne Stimme 12:12 Keine Stimmung 1.164 vom 12.12.2020, 05:12 Uhr
Als am 12.12.2012 das Konzept "Sicheres Stadionerlebnis" verabschiedet wurde
vom 12.12.2020, 05:12 Uhr
Rückblick: Nach dem Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC kommt es zu Vorfällen, die zu einer massiven Berichterstattung über Pyrotechnik und Gewalt führt. Die Medien nutzen Bilder wie zum Beispiel vom Abstieg des 1. FC Köln, die Vorfälle beim DFB-Pokalspiel zwischen Borussia Dortmund und Dynamo Dresden sowie die Vorfälle beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC, um ein vermeintliches Sicherheitsproblem in den deutschen Stadien zu deklarieren.
Die Politiker griffen dieses Thema dankend auf und verschärften die Debatte, in dem sie Angst schnürten und harte Beschlüsse forderten. In dem Jahr vor der Bundestagswahl 2013 übten Politiker und Gewerkschafter der Polizei - gestützt auf dem fragwürdigen ZIS-Datei "Gewalttäter Sport" - massiven Druck auf die DFL und die Vereine aus.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) entwarf daraufhin das Konzept "Sicheres Stadionerlebnis", welches unter anderem Nacktkontrollen oder die Reduzierung von Gästekontigenten möglich machen sollte. Als Innenminister Hans-Peter Friedrich ein mögliches Stehplatzverbot in den Mund nimmt, formieren sich die Fans und gründen die Initiative "Ich-fühl-mich-sicher", mit der gezeigt werden soll, dass sich die Fußballfans in den Stadien sicher fühlen. Außerdem entstand die Kampagne "12:12 - Ohne Stimme keine Stimmung", welche den Protest in die Stadien tragen sollte und der Kampagne Eindruck verlieh.
Zahlreiche Fanszenen führten Demonstrationen, um gegen das willkürliche Maßnahmenpaket der DFL zu protestieren. Zudem wurden an drei Spieltage in ganz Deutschland in nahezu allen Fankurven und Gästeblöcken die ersten 12 Minuten und 12 Sekunden geschwiegen und keine Stimmung gemacht. Mit der gespenstischen Atmosphäre im Stadion sollte aufgezeigt werden, wie es aussehen wird, wenn das Konzept verabschiedet wird und die Fankultur stirbt. Auch wenn die Kampagne das Konzept nicht verhindern konnte, wurde erreicht, dass die Fans gehört wurden.
An jenem 12.12.2012 wurde das neue Sicherheitskonzept bei der DFL-Vollversammlung von den 36 Proficlubs in vollem Umfang verabschiedet. Ein Großteil der Anträge wurde mit eindeutiger Mehrheit von über 30 der 36 Vereinsvertretern angenommen. Einzig der FC Union Berlin und der FC St. Pauli lehnten das Konzept auf Hinwirken der eigenen Fans komplett ab.
An jenem Mittwoch hatten sich über 600 Fußballfans aus allen Teilen Deutschlands vor dem Congress Hotel in Frankfurt eingefunden, um mit ihrer Anwesenheit gegen die geplanten Maßnahmen wie Nacktkontrollen und Kollektivstrafen zu protestieren. Darüber hinaus forderten sie einen Dialog zur Problemlösung anstelle von einseitigen repressiven Maßnahmen.
Jahrelang hatte das Konzept vom 12.12.2012 Auswirkungen auf den Fußball: reduzierte Gästekontingente, Blocksperren, Materialverbote und vieles mehr gehörten eine lange Zeit zum Standard-Repertoire der Verbände. Auch wenn sich in der Zwischenzeit diesbezüglich einiges geändert hat, treten am Spieltag z.B. beim Einlass weiterhin regelmäßig Probleme auf. Infolge der "Krieg dem DFB"-Bewegung schlossen sich die deutschen Fanszenen abermals zusammen und fordern Veränderungen im Profifußball.
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