Studie zu Probleme des Profifußballs 1.954 vom 27.11.2017, 14:12 Uhr
NDR Doku: Wem gehört der Fußball?
vom 27.11.2017, 14:12 Uhr
Gestern Abend strahlte der Norddeutsche Rundfunk die sehenswerte Doku "Wem gehört der Fußball?" aus. Die Sportclub Story thematisiert die zunehmende Entfremdung des Profifußballs und den Stadionbesuchern. Diese ist nun in der ARD Mediathek abrufbar.
Im Zuge der "Kommerzialisierung" werden neben dem Transferwahnsinn, irrsinnigen Gehältern und zerstückelten Spieltagen auch verkaufte Stadionrechte, Ärmelsponsoren, präsentierte Eckbälle und hohe Eintrittsgelder beleuchtet. Dass eine Grenze überschritten sein könnte, sollen die GoPros an den Weizengläsern bei der Meisterfeier von Bayern München oder Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale zeigen.
Besondere Statements der Doku:
Hannover Anhängerin: Martin Kind ist ein Geschäftsmann, der überhaupt kein Verständnis dafür hat, dass er hier kein Betrieb führt und ein Produkt verkauft. Martin Kind hat nie verstanden, dass Fans zu einem Fußballspiel gehen, weil sie ein Produkt (Dauerkarte) gekauft haben, sondern weil sie eine emotionale Verbindung zu dem Verein haben.
Tamara Dwenger (HFC Falke): Der Fußball ist kommerzialisiert, was absolut nachvollziehbar ist. Es wird sehr viel Geld verdient aber die Frage ist immer ob man Geld verdient um Fußball zu spielen oder ob man Fußball spielt um Geld zu verdienen. Und ich sehe das eher bei Ersterem.
Christoph Ruf (Buchautor): Es existiert ein großer Graben im deutschen Fußball zwischen dem Hightech und Glamour - Fußball und der Basis abwärts der 3. Liga. Und die fühlen sich zunehmend abgehängt, weil die Fernsehgelder nur noch bei den Großen landen und durch die Zerstückelung der Spieltage kuckt sich kein Mensch mehr ein Oberligaspiel an, was sehr schade ist, weil es zur Alltagskultur dazu gehört. [...] Für die eigentlichen Fans, die zu Auswärtsspielen fahren und bei Regen in der Kurve stehen, sind Montagsspiele eine Katastrophe, weil sie durch die Republik fahren müssen, um am Montagabend Hannover in Freiburg anzukucken.
Gunter Gebauer (Philosoph): Je mehr Geld im Fußball ist, desto geringer ist die Rolle der Fans. Man will sie schon dabei haben, aber im Grunde genommen ist die Rolle der Fans eigentlich nur die der Stimmungsmacher. Man braucht sie, damit man eine Kulisse, Stimmung, Emotionen und das große Erlebnis zu haben. Aber man tut alles, um die großen Geldgeber bei Laune zu halten und dieser Spagat geht eindeutig zu Lasten der Fans.
Bernd Sauter (PlayFair): Ein 0:0 bei Braunschweig gegen Hannover kann ganz schön langweilig sein. Aber die Faszination wird von den Rängen und der Begeisterung getragen. Ohne Zuschauer wäre dieser Sport so langweilig wie Kanufahren.
Im Rahmen der Dokumentation wird auch mit dem FC PlayFair! gesprochen, der sich für die Interessen der Stadionbesucher einsätzen möchte. PlayFair! hat in Zusammenarbeit mit dem kicker eine Studie veröffentlicht, welche die Probleme und Herausforderungen im Profifußball aufzeigt und mögliche Lösungsansätze bieten soll. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse verknappt zusammengestellt:
69,3 % von 17.330 befragten Fußballfans sagen aus, dass die Grenze der Kommerzialiserung erreicht ist. Besonderheit: Anhänger von RB Leipzig stimmen dieser Aussage nur zu 33.1 % zu, während Fans aller anderer Vereine über der Hälfte liegen. 72,4 % der befragten Fußballfans sind der Ansicht, dass die Interessen der Fans bei der derzeitigen Entwicklung auf der Strecke bleiben. Auch hier wird eine deutliche Differenz zwischen RB Leipzig (33,5 %) und traditionsreichen Zweitligisten (über 80 %) deutlich. 73,0 % der befragten sind der Meinung, dass die Spieltagszerstückelung aufgrund der Fernsehvermarktung zu weit gehe. Hiervon sind laut der Studie vor allem Zweitligisten betroffen. 86,9 % sagen sogar, dass es im Profifußball nur noch ums Geld gehe.
Die DFL dagegen beruft sich dagegen auf das boomende Geschäft "Bundesliga" und deren hohe Auslastung der Stadien, die Resonanz der TV-Partner und die steigenden Umsätze der Vereine. Als Lösungsansätze bietet PlayFair! klare finanzielle Regeln (85,8 %), fanfreundliche Anstosszeiten (78,2 %) und mehr Mitbestimmung von Fußballfans (36,9 % bis 56 %) an. Auch hier ist eine hohe Diskrepanz zwischen Anhängern von RB Leipzig und allen anderen Vereinen zu erkennen.
Zum Schluss der Doku sind sich Oliver Bierhoff, Dennis Aogo und Andreas Rettig einig, dass der Fußball den Fans gehört, obwohl zu Beginn der Doku gesagt wird, dass der Fußball im Moment den gehört, die das Geld mitbringen.